Und beim RBB gab es eine Betriebsversammlung, auf der viele relevante Fragen wohl gar keine oder nur unzureichende Antworten fanden. Offenbar gibt es keine richtige Zukunftsvision, wie die Berliner Zeitung berichtet.
Bereits im Dezember 2022 hatte ihre Vorgängerin, die Interims-Intendantin Katrin Vernau, gewarnt: Der RBB habe jahrelang über seine Verhältnisse gelebt. Bis Ende 2024 müssten rund 50 Millionen Euro eingespart werden. Damals war von mindestens 100 Stellen die Rede, die gestrichen werden sollten. Zudem warnte Vernau im Juli 2023 vor einer geplanten Tariferhöhung von 2,8 Prozent: Den Sender werde das bis spätestens 2025 in massive Schwierigkeiten bringen. Ihre Prognose: Ein Etatloch von 17 Millionen Euro. Demmer kannte die Bedenken. Und genehmigte trotzdem die Tariferhöhung, quasi als Antrittsgeschenk. Nun, im Jahr 2025 angekommen, verkündet sie: Der RBB stehe finanziell mit dem Rücken zur Wand. Jedes Jahr müssten nun neun Millionen Euro eingespart werden, um zahlungsfähig zu bleiben. Weitere 13 Millionen seien nötig, um in die Zukunft des Senders zu investieren. Die Gründe dafür bezeichnet sie vage als „strukturelle Probleme“. Konkrete Fehlentscheidungen werden auch auf dieser Versammlung nicht thematisiert.
150 Maßnahmen sollen nun dafür sorgen, die Einsparziele zu erreichen. Der erste Schritt: Möglichst viele Festangestellte und sogenannte Fest-Freie sollen freiwillig früher in Rente gehen oder gegen eine Abfindung den Sender verlassen. Je nach Ergebnis werden dann weitere Maßnahmen bis zum Ende des Jahres durchgesetzt werden. Katrin Günther, die Mitte März wegen der fehlerhaften Berichterstattung über den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar zurückgetreten war, stellt einige der wichtigsten Sparmaßnahmen vor. Mit der Vorbemerkung, dass vieles davon schon längst hätte geschehen müssen. Eine späte, aber auch entlarvende Einsicht für den RBB. Günther betont, man habe sich dazu entschlossen, sich nicht von einer kompletten Radiowelle oder Fernsehsendung zu verabschieden, sondern überall ein bisschen wegzunehmen – um Programm zu schonen. Was dann folgt, ist am ehesten mit dem Beschneiden eines Obstbaumes zu vergleichen: Statt beherzt ganze Äste (in der Verwaltung und den Führungsetagen) wegzunehmen, um den Stamm (das Programm und seine Macher) zu retten und die Entwicklung neuer Triebe (Zukunftsfähigkeit) zu fördern, wird an jedem noch so kleinen Zweig ein bisschen herumgeschnibbelt. Das aber hilft dem Baum nicht, sondern befördert unter Umständen seinen Tod.
Wegfallen soll etwa die beliebte Kindersendung „Ohrenbär“. Außerdem sollen die Nachrichtensendungen der sechs Radiowellen perspektivisch zentral bespielt werden. Die Nachrichtenblöcke in den beiden wichtigsten Sendungen des RBB, „Brandenburg Aktuell“ und „Abendschau“, sollen künftig nicht mehr live gesendet, sondern als vorproduzierte Filme eingespielt werden.
Die jetzige WDR-Intendantin und frühere RBB-Interimschefin Katrin Vernau hatte 2023 deutliche Worte gefunden: Der RBB sei von „tief, fast kulturell eingravierten Verhaltensweisen“ geprägt, die jahrelange Fehlentwicklungen ermöglicht haben. Sie hätten den RBB an den finanziellen Abgrund geführt. So entdeckte sie etwa im Dezember 2022 einen „Schattenstellenplan“. Demnach seien beim RBB rund 180 Stellen mehr besetzt, als im offiziellen Stellenplan vorgesehen – viele mit hoch dotierten, unbefristeten Verträgen. Zum Vergleich: Beim deutlich größeren WDR gibt es nur 20 solcher Stellen, und das lediglich als zeitlich eng begrenzte Überbrückung für Auszubildende. Die Frage ist: Was ist aus diesen 180 Schattenstellen geworden? Sind sie abgebaut? Welche Abfindungen wurden gezahlt? Und was ist mit den Ruhegeldansprüchen der vielen Führungskräfte beim RBB? Ist es hinnehmbar, dass diese sehr gut bezahlten Mitarbeiter ohne eigenes unternehmerisches Risiko ab Tag eins ihrer Anstellung Anspruch auf ein lebenslanges, mehrere Tausend Euro hohes Ruhegeld haben? Immerhin wird ihnen das von den zwangsfinanzierten Rundfunkbeiträgen bezahlt, unabhängig davon, ob sie neue Jobs annehmen oder die staatliche (Höchst-)Rente beziehen. Den RBB trifft das ganz besonders. Laut Landesrechnungshof belaufen sich die Pensionsrückstellungen auf 84 Prozent der gesamten Bilanzsumme. Ein Wert, bei dem jedes normale Unternehmen längst bankrott wäre. Warum spricht in dieser Belegschaftsversammlung niemand über diesen Elefanten im Raum? Sparen gilt offenbar nur für die Belegschaft.
Am Ende der Versammlung bringt ein Mitarbeiter das Dilemma des RBB auf den Punkt: Wo ist die Vision? Was genau soll mit den für die Zukunft eingesparten 13 Millionen Euro geschehen? Und: Was kommt noch alles? Diese bangen Fragen dürfte sich nicht nur die Belegschaft des RBB stellen. Vielen ist an diesem Freitag endgültig klar, wie nah der Sender am Abgrund steht.
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Als Zeichen, dass es ernst ist, könnte man ja auch mal fragen, ob die gut bezahlten Führungskräfte nicht auch mal vorübergehend auf 10 % Prozent ihres Gehaltes verzichten könnten. Wo doch alle immer betonen, wie wichtig ihnen der Rundfunk sei. Aber wohl nur, solange sie die Sender zum eigenen finanziellen Vorteil aussaugen können. Über sowas redet niemand. Und dass man die einzigen Sendungen, die nennenswert Publikum bringen dann nicht mal mehr live senden möchte, ist ein Armutszeugnis. Sonst rühmen sich die Sender immer ihrer Nachrichtenflaggschiffe. Und trotz Einnahmen von knapp 500 Mio. Euro im Jahr soll das nicht mehr möglich sein? Also dann braucht es den Sender ja überhaupt nicht mehr, wenn alles nur noch mehr oder weniger Konserve ist. Man betont, man sei Heimatsender und was nicht alles und in Wahrheit ist dem RBB alles zu teuer, weil das ganze Geld in die Versorgung von Personal geht, das nichts zum Programm beiträgt und "nur" verwaltet. Dass die Intendantin selbst nicht merkt, welches Bild sie nach außen abgibt, macht einen fassungslos.